Um es gleich vorwegzunehmen: Nein, Computer können nicht wie Menschen denken – aber sie kommen der menschlichen Schaltzentrale immer näher! Und das, obwohl das menschliche Gehirn das wohl komplexeste Konstrukt ist, was die Natur hervorgebracht hat: 100 Milliarden Nervenzellen und 100 Billionen Synapsen sorgen für eine reibungslose Filterung und Verarbeitung von Informationen – eine beeindruckende Zahl. Trotzdem ist unsere „Rechenleistung“ begrenzt!

In den letzten Jahren ist die Flut an zu verarbeitenden Informationen immer größer geworden und sie wird in den nächsten Jahren nochmals exorbitant zunehmen – Big Data heißt das Stichwort. Die Verarbeitung dieser Massen an Daten und Informationen kann allein durch menschliche Rechenleistung und auch mit Hilfe herkömmlicher Computersysteme nicht mehr vollbracht werden, daher brauchen wir intelligente Systeme, die uns die Filterung und Analyse abnehmen und uns schließlich die Entscheidung erleichtern. Die Technik-Gegner schreien bei dieser Vorstellung natürlich laut auf, wollen keine künstliche Intelligenz, fühlen sich wie immer durch technischen Fortschritt bedroht.

Doch so einfach ist es nicht. Von der künstlichen Intelligenz sind wir noch meilenweit entfernt – dieses Thema bleibt nach wie vor der Science Fiction vorbehalten. Kognitive Systeme wie beispielsweise Watson sind das Mittel der Wahl. Diese erweitern die klassische Architektur der Datenverarbeitung um wichtige Eigenschaften. So kann Watson Sprache (bisher nur Englisch) verarbeiten, Hypothesen erzeugen sowie bewerten und aus den Ergebnissen lernen. Er entwickelt sich also selbstständig weiter – eine bisher nicht vorstellbare Fähigkeit von Computern.

Wozu aber brauchen wir diese neue Art lernender Computer? Die Möglichkeiten sind vielfältig. In der Medizin zum Beispiel können kognitive Systeme Ärzte bei der Diagnosefindung unterstützen. Denn gerade im medizinischen Bereich verdoppeln sich die Datenmengen alle fünf Jahre und liegen zudem meistens in sprachlicher Form vor. Mit menschlichen Fähigkeiten ist die schiere Masse an möglichen Informationen nicht mehr zu bewältigen. Dasselbe gilt für die Finanzbranche – allein der Nachrichtendienst Reuters produziert jeden Tag 9.000 Seiten an Finanznachrichten! Daraus die richtigen Informationen zu filtern, zu verarbeiten und schließlich die richtige Entscheidung pro oder contra einer Investition zu fällen – für Menschen unmöglich. Lernende Systeme wie Watson können bei der Analyse dieser Daten helfen und so die Entscheidungsfindung für Banken unterstützen.

Das Watson-Projekt von IBM ist nicht das einzige dieser Art; auch das Fraunhofer Institut beispielsweise arbeitet seit einiger Zeit an kognitiven Systemen für den medizinischen Bereich. Die Entwicklungen auf diesem Gebiet sind also enorm und die Annäherung an die Struktur des menschlichen Gehirns und seiner Arbeitsweise fast schon erschreckend. Doch die letztendlichen Entscheidungen werden auch in Zukunft von Menschen getroffen – die kognitiven Systeme fungieren hierbei nur als Helfer. Oder wäre es etwa besser, Computer für uns entscheiden zu lassen?